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OSTSEEKLANG

Wir alle greifen tagtäglich auf Systeme zurück, die uns bei der räumlichen Orientierung behilflich sind. Jeder von uns verfügt über so genannte Mental Maps – räumliche und geografische Vorstellungen, die vor unserem geistigen Auge entstehen und derer wir uns bei der Organisation des Raums und der Bewegung im Raum bedienen. Ihren materiellen Ausdruck findet unsere Raumorganisation in Stadtplänen, Vermessungskarten oder Grundrissen, aber auch Wetterkarten, Seekarten* oder Navigationshilfen wie GPS. Eine wesentliche Rolle bei der Interpretation von Karten und Plänen spielt ihre Historizität. Man könnte sie auch als rhetorische Bilder bezeichnen, die nach bestimmten zeitbedingten Codes entstehen. Karten, Pläne und Grundrisse sind nicht das Abbild einer gegebenen Wirklichkeit, sondern legen vielmehr deren Konstruktion offen. Sie repräsentieren bestimmte Sicht-Weisen der Welt, die wir gewohnt sind und deshalb bewusst gar nicht mehr wahrnehmen.
Die Arbeiten von Anett Frontzek beschäftigen sich mit eben diesen Sichtweisen. Man könnte ihr Vorgehen als das einer Forscherin in der Welt der Kartografie bezeichnen. Sie nimmt Systeme auseinander, zerlegt sie in ihre Bestandteile, isoliert ihre Zeichen und Codes, spürt ihre grafischen Strukturen auf. … Sie macht so die Konstruiertheit der untersuchten Systeme sichtbar und verleiht darüber hinaus den einzelnen Elementen eine eigene Bedeutung, die nichts mehr mit dem ursprünglichen System zu hat. (Barbara Heinrich)

* Anmerkung der Künstlerin:
Die bearbeiteten Decca-Seekarten ermöglichten die Positionsbestimmung per Funknavigation. Das „Decca Navigator“-System wurde während der Landung alliierter Schiffe in der Normandie erstmals benutzt und ist das älteste aller der Funknavigationsverfahren. Es war für die Luft- und Seeschifffahrt bis zum Abschalten der letzten Decca-Sender im Jahr 2000 das Standardverfahren zur Navigation.

Anett Frontzek wurde für diese Arbeiten mit dem 1. Preis des "DEW21 Kunstpreis 2014" ausgezeichnet.

Ausstellung im Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Dortmund vom 20.09. – 26.10.2014.


Ansteuerung von Wismar, 1641D
Kleine Berichtigung 1998, 3. VII
Papierschnitt 2013, 119,5 x 75 cm

Ansteuerung von Wismar, 1641D, Detail

Ansteuerung von Wismar, 1641D, Detail

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Lyserort bis Ristna, 142D
Kleine Berichtigung 1997, 2. X.
Papierschnitt 2013, 102 x 78 cm

Lyserort bis Ristna, 142D, Detail

Lyserort bis Ristna, 142D, Detail

»Blickwechsel Ahrenshoop - Gestern und heute« from Videoredakteur on Vimeo.
Anett Frontzek und die beiden Kuratoren der Ausstellung Dr. Katrin Arrieta, Direktorin des Kunstmuseums Ahrenshoop, sowie Dr. Peter Kruska, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stadtgalerie Kiel im Interview mit Holger Stark und Videoredakteur Bert Scharffenberg.


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